Leistungsbeschreibungen im Masterplanverfahren
Das Masterplanverfahren wurde aufwendig strukturiert und inhaltlich aufgesetzt. Ein komplexes Organigramm spiegelt das Zusammenspiel von Gremien, Projektträgern, Experten und der Öffentlichkeit. Die Rahmenvereinbarung als Basis des Verfahrens und die Aufgabenstellung für die Architektenteams wurden in einem gemeinsamen Prozess erarbeitet, vom Gemeinderat beschlossen und sind Grundlagen für die Zusammenarbeit. Hieraus entstand eine Leistungsbeschreibung für die Architektenteams, die in ihrer finalen Fassung vom 7.12.2018 als Bestandteil des Vertrages festgeschrieben wurde. Hierin heißt es:
„Es werden sich im weiteren Verlauf auf fachlicher Ebene fortwährend neue und ergänzende Aspekte, Empfehlungen und Anregungen ergeben, die in die Planungen und Betrachtungen zu integrieren sind.“ Hierzu gehören auch die Gemeinderatsbeschlüsse am Ende einer jeden Planungsphase.
Diese Leistungsbeschreibung sollte bis zum Ende des Masterplanverfahrens ihre Gültigkeit behalten.
Neue Leistungsbeschreibung in der Konsolidierungsphase
Die Konsolidierungsphase im Masterplanverfahren hat unmittelbar nach der Beendigung des Planungsateliers mit den Gemeinderatsbeschlüssen v. 23.7.2020 begonnen. Die Leistungsbeschreibung hätte um diese Beschlüsse wie in allen anderen Planungsphasen ergänzt werden müssen. Stattdessen wurde im Februar 2021 eine neue, verbindliche Leistungsbeschreibung an die Teams verschickt. Gemeinderat und Öffentlichkeit waren nicht einbezogen und hatten keine Kenntnis hiervon. Bis heute ist nicht klar, inwieweit die erste Leistungsbeschreibung einschließlich aller Gemeinderatsbeschlüsse als Bestandteil der Verträge weiterhin gültig ist oder ob sie durch die neue Leistungsbeschreibung ersetzt werden soll. Ein entsprechender Gemeinderatsbeschluss steht aus und wird von den Projektträgern auch nicht gewünscht.
Konsolidierungsphase ohne Gemeinderat und Öffentlichkeit
Entgegen der Grundsätze von Transparenz und Ergebnisoffenheit, der Einbindung aller Akteure und einer umfassenden Bürgerbeteiligung wurde diese Phase von den Projektträgern ausgestaltet:
- Kein Kontakt zu den beauftragten Teams, keine Aussagen zu den Planungsfortschritten,
- keine Information über Zwischenstände an den Gemeinderat und keine Bürgerbeteiligung.
Bekannt wurden sogenannte Nutzergespräche mit von den Projektträgern ausgewählten Gesprächspartnern, bekannt wurde, dass die Konsolidierungsphase aus einem vorbereitenden und einem konkurrierenden Teil bestehen sollte, bekannt wurde auch, dass die Anzahl von zehn Mobilitätsvarianten auf zwei Varianten reduziert werden.
Nichts bekannt wurde über Inhalte und Ergebnisse aus den Nutzergesprächen, über die Arbeit der Teams und offen blieben viele Fragen zu den Berechnungen von Mobilitätsvarianten.
Im März 2021 wurde im Stadtentwicklungs- und Bauausschuss (SEBA) eine signifikante Verzögerung in der Konsolidierungsphase verkündet. Hintergrund sei die Mitteilung des Teams Höger, in der vorgegebenen Zeit nicht die Planungsleistungen nach der neuen Leistungsbeschreibung vom Februar 2021 erbringen zu können.
Im SEBA am 23.3.2021 verlangten Gemeinderäte, dass diese Leistungsbeschreibung dem Gemeinderat vorgelegt wird und Fragen dazu beantwortet werden.
Hinter verschlossenen Türen hatten die Projektträger von September 2020 bis Januar 2021 eine Leistungsbeschreibung erstellt, die den Planungsteams vorschreibt, was und wie sie die endgültigen Entwürfe entwickeln müssen und die festlegt, wie die Verkehrsberechnungen durchgeführt werden müssen. Diese Leistungsbeschreibung war dem Gemeinderat aber, anders als im bisherigen Masterplanverfahren, weder vorgelegt worden, noch konnte er sie diskutieren, ändern oder beschließen.
Erster Bürgermeister Odszuck behauptete, die Leistungsbeschreibung sei Gegenstand des Vertrages und nicht mehr diskutierbar. Frau Friedrich ergänzte, die Leistungsbeschreibung fasse im Wesentlichen zusammen, auf welche Art und Weise die erarbeiteten Ergebnisse abzuliefern seien, sei es durch einen Plan, ein gebautes Modell, eine Broschüre oder eine Konzeptskizze. Die Leistungsbeschreibung könne zur Vorprüfung vorgelegt werden. Die Vorprüfung, die ab 15.07.2021 erfolge, enthalte eine erste fachliche Einschätzung der vorgelegten Ergebnisse der zwei Büros. Sie rate davon ab, die Leistungsbeschreibung in den Sitzungen der Ausschüsse öffentlich zu diskutieren, da sich die beiden Büros in dieser Zeit in der geschlossenen Arbeitsphase befänden und man eine zusätzliche Verwirrung durch eine Diskussion der Leistungsbeschreibung vermeiden solle.
Diese Auffassung ist nicht nachvollziehbar. Die gültige Leistungsbeschreibung von 2018 ist Bestandteil der Verträge, der Status der neuen Leistungsbeschreibung hingegen ungeklärt.
Die nunmehr vorliegende Leistungsbeschreibung soll laut Projektträger ab der Konsolidierungsphase die zwingende und ausschließliche Grundlage der Arbeit der Teams und des Verkehrsgutachters sein und würde damit alle bisherigen Grundlagen des Vertrages aufheben – ohne Gemeinderatsbeschluss.
Selbst wenn erneut Rahmenvereinbarung, Aufgabenstellung v. 2018 und GR-Beschluss v. 23.7.2020 eingeflossen sein sollten, so hat es seit 2018 eine Vielzahl weiterer GR-Beschlüsse gegeben, von denen hier keine Rede ist.
Fraglich ist auch, inwieweit die Projektträger befugt waren, so weitreichend eigenmächtig eine neue Vertragslage zu schaffen. Zwar ist das Amt f. Vermögen und Bau Auftraggeber, inhaltlich aber steht es nur dem Gemeinderat zu, Einzelheiten, Zielsetzungen und planerische Vorgaben festzusetzen.
Die Projektträger hatten sich bereits Anfang 2020 auf das Team ASTOC und eine Reihe von Einzelmaßnahmen verständigt. Zu diesen gehörten u.a. die Neckarquerung, die Bebauung des Hühnersteins, ggf. eine zielferne Straßenbahntrasse nahe des Klausenpfades und der Nordzubringer.
Das Team ASTOC sollte federführend und auf der Basis seines Entwurfes verschiedene Anregungen aus den Arbeiten der anderen Teams aufnehmen und in enger Abstimmung mit den Projektträgern ausführen.
Der Gemeinderat aber beschloss, parallel die sehr unterschiedlichen Teams ASTOC und Höger in der Konsolidierungsphase weiter zu beauftragen. Hinzu kamen noch eine Reihe von tiefgreifenden Einzelbeschlüssen, z.B. zur Mobilität.
Diese Gemeinderatsbeschlüsse gingen für die Projektträger, die hieraus keinen Hehl machten, in die verkehrte Richtung und bedurften aus ihrer Sicht einiger Korrekturen, einer neuen Strategie für den weiteren Verfahrensverlauf.
Der erste Schritt war, ein standardisiertes konkurrierendes Verfahren auszurufen, das der Gemeinderat nie beschlossen hatte. Eine kurze Information hierüber erfolgte erst im Oktober 2020 im Ältestenrat, als dieses Verfahren schon längst angelaufen war.
Der zweite Schritt bestand im konsequent gehandhabten Ausschließen der Öffentlichkeit, und hierunter ist auch der Gemeinderat zu verstehen, der jedes Anrecht auf regelmäßige Information hat und dies durch einen Beschluss zusätzlich bekräftigte.
Der dritte Schritt ist die Leistungsbeschreibung. In ihr wurde die gesamte Wunschliste, auf die sich die Projektträger geeinigt hatten, verbindlich festgeschrieben.
Der Gemeinderatsbeschluss vom Juli 2020, durch zwei sehr unterschiedliche Teams mit zwei sehr unterschiedlichen Entwurfskonzepten im Sinne eines ergebnisoffenen Masterplanverfahrens die Konsolidierungsphase zu nutzen, wurde konterkariert. Mittels der Leistungsbeschreibung sollte das Team Höger seine eigenen Ideen, seinen eigenen Entwurf, seine ökologischen Vorstellungen von der Entwicklung eines Campus, vom Erhalt von Flächen und sein Mobilitätskonzept dem Team ASTOC anpassen und unterordnen.
Verzögerungen im Masterplanverfahren hat es seit 2015, als der Grundlagenbeschluss im Gemeinderat getroffen wurde, einige gegeben. Sie waren in der Regel den Projektträgern geschuldet wie z.B. die lange Phase der Verhandlungen zur Rahmenvereinbarung. Hier reiht sich die jetzt bekannt gegebene Verzögerung der Konsolidierungsphase ein. Mit der vorgeschriebenen regulären Einbindung des Gemeinderates hätte sie wohl vermieden werden können, ganz sicher aber durch einfaches Umsetzen und Befolgen der Gemeinderatsbeschlüsse.
Ein „Weiter so“ kann es nicht geben.
Eine Unterbrechung der Konsolidierungsphase, Diskussion der Leistungsbeschreibung und Beschluss in den Ausschüssen und im Gemeinderat, Information zu den Zwischenständen der Planungen und Anhörung des Forums – das sind die Maßnahmen, die getroffen werden müssen, um der Bedeutung des Masterplanverfahrens wieder gerecht zu werden.
Die Ergebnisse aus der Konsolidierungsphase werden sich daran messen lassen müssen.
Die neue Leistungsbeschreibung greift in alle Themenbereiche, Ergebnisse und Beschlüsse des Masterplanverfahrens ein.
Besonders deutlich zeigen sich die Auswirkungen anhand der Planungen für den Hühnerstein und den Themenbereich Mobilität.
Siehe hierzu auch den Beitrag auf der Tiefburgseite.
Interessant ist dazu auch dieser RNZ-Artikel vom 1.6.2021: Soll der Heidelberger Gemeinderat ausgehebelt werden?