Hühnerstein in den Leistungsbeschreibungen

Leistungsbeschreibung 2018: Grundlagen für das Masterplanverfahren durch Gemeinderatsbeschluss

Die unbebaute Fläche am Hühnerstein ist Teil des Bebauungsplans „Sport- und Gesamthochschulfläche nördlich des Klausenpfades“ von 1970 und somit Bestandteil des Masterplanverfahrens. Die Flächen im Geltungsbereich dieses Bebauungsplans sind baurechtlich entwickelt und werden nicht in Frage gestellt. (Rahmenvereinbarung)
Der Bebauungsplan setzt im östlichen Bereich ein Baufenster (Baulinien) als Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Gesamthochschule“ und einer GFZ von 1,5 fest.

Hierzu wurden den Teams in der Aufgabenstellung 2018 folgende Aufgaben gestellt:

Wie kann die Fläche Hühnerstein in das Gesamtkonzept integriert werden? Wie kann ein städtebauliches Konzept für die Fläche Hühnerstein aussehen? Welche verkehrlichen Auswirkungen hätte eine Bebauung des Hühnersteins in Verbindung mit den dadurch steigenden Nutzerzahlen des Gebiets Im Neuenheimer Feld / Neckarbogen und wie müsste dieses Gebiet verkehrlich erschlossen werden?

Leistungsbeschreibung 2021: Vorgabe der Projektträger, ohne Gemeinderatsbeschluss

Die Leistungsbeschreibung für die Konsolidierungsphase legt die Grundlagen des Masterplans neu aus, interpretiert und übergeht die Beschlüsse des Gemeinderates für die Zielsetzungen der Projektträger.

Der Hühnerstein wird zu einem integralen Bestandteil des Quartiers Nord. Ein städtebaulicher Entwurf mit einer verkehrlichen Erschließung soll vorgelegt und ein Zeitpunkt für die Ausführung der Bebauung genannt werden.

Im Einzelnen:

  • Städtebau:
    Vertiefung Quartier Mitte / Nord; Ausarbeitung eines städtebaulichen Entwurfs für die Bebauung des Hühnersteins. Die zukünftige Bebauung des Hühnersteins ist als Konzept darzustellen.
  • Freiraum:
    Berücksichtigung einer angestrebten Biotopvernetzung mit dem Fokus auf Erhaltung bestehender Grünstrukturen, vor allem des Baumbestandes; stufenweise Entwicklung der Freiräume; Prüfung von Auswirkungen der Campusentwicklung auf Gartenbau-/Landwirtschaft und auf die Naherholung
  • Technische Infrastruktur:
    Weitere Ausarbeitung und Zusammenführen des technischen Infrastrukturkonzeptes zum Entwicklungsentwurf unter Einbezug des Hühnersteins
  • Mobilität:
    • Ausarbeitung eines verkehrlichen Entwurfes zum Entwicklungsentwurf unter Einbezug des Hühnersteins und unter fortlaufender Berücksichtigung der Themenfelder Städtebau/Freiraum und technische Infrastruktur
    • Autofreie Campusmitte; Anwendung auf den Hühnerstein und weiterer Bereiche
    • Darstellung einer verkehrlich sinnvollen Erschließung einer Bebauung des Hühnersteins und der verkehrlichen Auswirkungen auf den Betrachtungsraum

Kommentar

Bestehendes Baurecht
In der Leistungsbeschreibung 2021 wird auf das bestehende Baurecht im Hühnerstein für die Entwurfsplanung verwiesen.
Die aus dem Planungsatelier vorliegenden Entwürfe zum Hühnerstein der Teams, die den Hühnerstein bebauen wollten, weichen von den Festsetzungen des rechtskräftigen Bebauungsplans ab. Deshalb soll nach Abschluss des Verfahrens auf Grundlage des Masterplanes neues Baurecht auch für dieses Planungsgebiet geschaffen werden (Stadtplanungsamt, Forum Planungsatelier Stufe 3).
Dieser Widerspruch wird nicht aufgelöst. Das bestehende Baurecht unterliegt sehr restriktiven Einschränkungen. Die Vorgaben aus der Leistungsbeschreibung zur baulichen Nutzung des Bereiches lassen sich mit dem bestehenden Baurecht nicht umsetzen.

Nachgeordnete Bebauung des Hühnersteins
Die Leistungsbeschreibung nennt den Gemeinderatsbeschluss v. 23.7.2020 „Der Hühnerstein wird gemäß Beschluss erst dann bebaut, wenn die Verdichtungspotentiale auf dem Campus weitgehend ausgeschöpft sind“ und fordert gleichzeitig die „Darstellung der zeitlichen Abfolge einer stufenweisen Nachverdichtung. Hier ist insbesondere auch darzulegen, zu welchem Zeitpunkt das bestehende Baurecht auf dem Hühnerstein … in Anspruch genommen werden soll.“
Laut Gemeinderatsbeschluss soll der Hühnerstein erst dann städtebaulich weiterentwickelt werden, wenn die Verdichtungspotenziale aus dem beschlossenen Masterplan ausgeschöpft sind. Die Forderungen aus der Leistungsbeschreibung nach Vorlage des Entwurfs und Festlegung der Bebauung ist mit dem Gemeinderatsbeschluss nicht vereinbar.

Bauflächentausch
Im Laufe des Masterplanverfahrens wurde wiederholt vergeblich versucht, die innerhalb und außerhalb des Betrachtungsraumes liegenden Sportflächen für die Zwecke der Projektträger zu nutzen. Die Idee eines Bauflächentausches, d.h. ein Tausch der Baufenster im bestehenden Bebauungsplan, hat der Gemeinderat im Juli 2020 zur Prüfung freigegeben. Die betroffenen Sportinstitutionen und Ämter haben sich dazu kritisch und ablehnend geäußert.
Die Prüfung des Bauflächentausches erübrigt sich, wenn, wie auch vom Gemeinderat beschlossen, „eine eindeutige Aussage zu gegebenenfalls nachgelagerter Bebauung des Hühnersteins unter Berücksichtigung der vertraglich festgeschriebenen Quadratmeter-Bedarfe und der rechtlichen Situation“ den Hühnerstein als nicht notwendig für eine nachgelagerte Bebauung erachtet wird. Die Prüfung erübrigt sich auch solange, bis die Verdichtungspotenziale aus dem Masterplan erschöpft sind und eine städtebauliche Entwicklung des Hühnersteins gegebenenfalls ansteht.
Ein Bauflächentausch und seine Umsetzung würden Fakten für die weitere zügige Bebauung des Hühnersteins schaffen.

Freiraum
Die vorgeschriebenen Hinweise auf Berücksichtigung und möglichen Erhalt von Biotopen, Grünflächen und Bäumen verhindern ihre Zerstörung nicht. Die Entwurfsplanungen für den Hühnerstein, soweit aus dem Planungsatelier bekannt, würden in hohem Maße in die bestehende schützenswerte Umwelt eingreifen. Alleine eine Bebauung des Hühnersteins und damit die notwendige Änderung des Flächennutzungsplans von Grün- auf Baufläche macht dies deutlich. Die Anlage der „neuen Hauptstraße“, wie in der Leistungsbeschreibung dargelegt, also der Ausbau des Klausenpfades, hätte die Fällung erhaltenswerter alter Bäume zur Folge.

Technische Infrastruktur
Die Verlagerung von Technischer Infrastruktur auf den Hühnerstein würde eine unmittelbare Bebauung nach sich ziehen und damit die Gemeinderatsbeschlüsse hierzu ad absurdum führen.

Mobilität
Bereits 1970 gab es Überlegungen und Planungen zur Erschließung des Hühnersteins, die heute nicht mehr zeitgemäß sind. Aus den Fehlern der Vergangenheit sollte man lernen.

Die Ausarbeitung eines verkehrlichen Entwurfes mit der Darstellung einer Erschließung des Hühnersteins und der verkehrlichen Auswirkungen auf den Betrachtungsraum kann sinnvollerweise erst im Zusammenhang mit der städtebaulichen Entwicklung des Hühnersteins erfolgen und sollte damit bis zu diesem Zeitpunkt zurückgestellt werden.

Fazit

Die Leistungsbeschreibung 2021 sieht keine optionale Entwurfsplanung für den Hühnerstein vor. Als Bestandteil des Masterplanes diktiert es eine verbindliche Entwurfsplanung und schreibt vor, dass der Hühnerstein in das Gesamtkonzept einzubinden sei.
Bürgerbeteiligung und Gemeinderatsbeschlüsse zeigen andere Ergebnisse. Die Bebauung des Hühnersteins wird zurückgestellt. Eine Entwurfsplanung kann, muss aber nicht erfolgen, wenn das Team eine baldige Bebauung als nicht unmittelbar bevorstehend erkennt. So könnten Entwicklungen berücksichtigt werden und spätere Generationen Einfluss nehmen.

Die Leistungsbeschreibung weist mit Verkehrskonzept, Technischer Infrastruktur, Bauflächentausch und der Nennung eines Zeitpunktes für die Umsetzung der Entwurfsplanung den Weg in die Bebauung des Hühnersteins und weiter tief in das Handschuhsheimer Feld bis an die Gemarkungsgrenze.

Interessant ist dazu auch dieser RNZ-Artikel vom 1.6.2021:Jenseits des „Rubikon“.