Plädoyer für den Erhalt des Naturschutzgebietes Altneckar Wieblingen

Die Wieblinger Bezirksbeirätin Frau Dr. Regine Buyer hat ein Plädoyer für das Naturschutzgebiet Altneckar-Wieblingen und gegen seine Störung durch eine Fuß-Radbrücke im Stadtentwicklungs- und Bauausschuss (SEBA) am 15. Februar 2022 gehalten. Im folgenden lesen Sie einen Auszug.

  1. Es ist ein Naturschutzgebiet (NSG), eine Fuß- und Radbrücke zerstört wichtige Funktionen dieses Naturraums
  2. Es gibt gute Alternativen zu einer Fuß- und Radbrücke außerhalb des NSG

Erstens
Dieses größte Heidelberger NSG hat ja den höchsten Schutzstatus den wir in Deutschland haben. Es ist seit 2000 FFH-Gebiet europäischer Schutzstatus wegen einiger sehr seltenen, vom Aussterben bedrohten Arten wie z.B. dem Meerneunauge, aber auch den verschiedenen Fledermausarten, die es hier gibt. Und bereits 1987 wurde der Altneckar unter Naturschutz gesellt, der alle Lebewesen, die am Altneckar Zuflucht gefunden haben, streng schützt: z.B. die Wintergäste = verschiedene Wasservogelarten aus Nord- und Nordosteuropa, die wenn im Winter die Seen und Flüsse ihrer Brutreviere zufrieren, jedes Jahr an den Altneckar kommen, denn der Neckar friert nicht zu, und sie können nach Nahrung tauchen. Sie kommen meist im November in größeren Gruppen hierher und brauchen eine breite und unverbaute, auch durch Drähte nicht abgesperrte Wasserfläche oder als Einflugschneise. Sie landen an der breitesten Stelle des Alten Neckars – genau dort, wo die Brücke gebaut werden soll. Sie landen nicht auf Bäumen oder Brückengeländern o.ä. Die NSG-Verordnung schließt im Gegensatz zur FFH-Richtlinie sämtlich Arten ein. Und ich bin fassungslos, dass Naturschutz, wenn es konkret wird, auch in Heidelberg nicht ernst genommen zu werden scheint.

Zweitens
Die von Höger vorgeschlagene Stelle ist mir völlig unverständlich. Warum ist genau an dieser, der sensibelsten Stelle des Naturschutzgebiets Altneckar-Wieblingen, diese Fuß- und Radbrücke geplant. Die einzige Erklärung dafür ist, dass vor über 50 Jahren eine MIV-Brücke an dieser Stelle geplant war, damals, als vom Neckar nur dann die Rede war, wenn es um Hochwasserbekämpfung ging, Umweltschutz in die Köpfe der meisten Politiker*innen noch nicht vorgedrungen war, der Alte Neckar noch nicht unter Schutz gestellt war.
Heute ist die Situation aber eine andere – wir haben das NSG, dessen Artenreichtum in den letzten 35 Jahren zugenommen hat, und die Gneisenaubrücke, ganz in der Nähe, ist vom Gemeinderat beschlossen und für eine Fuß- und Radbrücke direkt neben der A5 wurde vor einiger Zeit von Heidelberg und Dossenheim eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die seit März 2021 vorliegt. In ihr wird u.a. eine Variante (A1) außerhalb des NSG vorgeschlagen – und zu der mir letzte Woche Jochen Sandmaier aus dem Verkehrsmanagement mitteilte: „Wir werden das Projekt in unser Programm „Fahrradmobilität“ aufnehmen. Im Rahmen dieses Programms werden alle Maßnahmen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bewertet und priorisiert, um unsere personellen und finanziellen Ressourcen möglichst effizient einsetzen zu können. Derzeit rechnen wir damit, dass das weitere Vorgehen im Rahmen des kommenden Doppelhaushalt 2023/2024 behandelt wird.“ Also es gibt Alternativ-Trassen – und keinen Grund, das NSG zu zerschneiden, die Einflugschneise der Wintergäste zuzubauen.

Wir sollten endlich begreifen, dass Naturschutz ganz wesentlich auch Menschenschutz ist – eine intakte Natur hat heilende Wirkung auf Körper und Seele – immer schneller von einem Ort zum anderen zu hetzen (vor allem nicht in der Freizeit, wofür Frau Sauer in der Bezirksbeirats-Sitzung Wieblingen die Fuß- und Radbrücke für besonders geeignet hielt) – das macht krank!
Ich wünsche, dass es wenigsten einige Gemeinderät*innen gibt, die mal sagen: “Ein Naturschutzgebiet ist zum Schutz der Natur ausgewiesen worden und nicht als Reservefläche für Verkehrspläne.” Damit würden sie übrigens nichts anderes als geltendes Recht verteidigen.