Meerneunauge im Unteren Neckar gesichtet

9. Mai 2021: ein Blick unter die Wasseroberfläche:

Fische können im Neckar von Spaziergängern und Naturfreunden nur selten gesehen oder gar bestimmt werden, es sei denn an einer der wenigen Fischtreppen im Unteren Neckar. Doch am 9. Mai diesen Jahres konnte u.a. Claus Neuer, Referent für Umwelt-, Tier- und Naturschutz beim Badischen Sportfischerverband e. V. an der Fischaufstiegsanlage Ladenburg mal wieder ein ausgewachsenes Meerneunauge beobachten, das zum Laichen den Neckar stromaufwärts unterwegs war. Die letzte Sichtung dieser seltenen Tiere war 2019.

Meerneunaugen sind eine zoologische Rarität: Sie sind „lebende Fossilien“ und haben sich in den letzten 500 Millionen Jahren kaum verändert.

Wissenschaftlich betrachtet sind Meerneunaugen keine Fische, sondern sog. Rundmäuler. Sie haben eine aalähnliche Körperform, sind 70-90 cm lang, haben ein rundes Maul ohne Kiefer und keine Schuppen.

Meerneunauge

Sieben Kiemenöffnungen bilden zusammen mit dem Auge und dem Nasenloch neun Öffnungen, die dem Tier den Namen Neunauge einbrachten.

Meerneunauge

Die erwachsenen Meerneunaugen leben in Nord- und Ostsee und schwimmen, wenn sie geschlechtsreif werden, zur Fortpflanzung flussaufwärts. Sie laichen in sandigen bis kiesigen Gewässerabschnitten mit mittel-starker Strömung. Der Wieblinger Altneckar und seine Unterwasservegetation bieten an mehreren Stellen geeignete Laichplätze für diese bedrohten Tiere. Wir hoffen, dass das am 9. Mai fotografierte Neunauge einen Partner findet, sich erfolgreich vermehren kann und seine Nachkommen zurück zum Atlantik finden. Leider wird es wohl nicht über Wieblingen hinaus flussaufwärts schwimmen können, da geeignete Fischabstiegsanlagen fehlen. Deshalb ist es wichtig, dass das Laichgebiet dieser europaweit geschützten Art im Wieblinger Altneckar erhalten bleibt und nicht durch das Einrammen von Brückenpfeilern und weiteren Baumaßnahmen zerstört wird. Das Meerneunauge gehört zu jenen bedrohten Arten, die am Ende des letzten Jahrhunderts zum europäischen Schutz dieses Neckarabschnitts, zu seiner Ausweisung als FFH-Gebiet geführt haben.

Was versteht man unter einem FFH-Gebiet?

Die FFH-Richtlinie (FFH=Flora-Fauna-Habitat), 1992 beschlossen, verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zum länderübergreifenden Schutz wildlebender Pflanzen und Tiere sowie ihrer natürlichen Lebensräume, die als sogenannte FFH-Gebiete ausgewiesen sind. Diese gehören zu einem europaweiten Netzwerk der wertvollsten Naturschätze – Natura 2000 genannt –, das sich von den Atlantikküsten über die Alpen bis zum Schwarzen Meer erstreckt.

Zu diesen FFH-Gebieten gehört der Wieblinger Altneckar. In ihm leben u.a. mehrere europaweit sehr seltene und vom Aussterben bedrohte Fischarten, deren Lebensraum in den letzten Jahren immer seltener wurde: z.B. das Meerneunauge.

Fotos: Claus Neuer, Text: Regine Buyer