Ein offener Brief aus Handschuhsheim

Ein Kommentar von Wilhelm Seeger-Kelbe, Mai 2018

Der Anspruch der Universität auf einen Flächenzuwachs von 800.000 qm Brutto-Grundfläche, bei dem der städtische Entwicklungsbedarf für Straßen, Freizeit, Sport, Zoo nicht berücksichtigt ist, lässt erkennen, dass dieser exorbitante Flächenbedarf nur an einem alternativen Standort zu erfüllen wäre.

Der Entwurf der Aufgabenstellung basiert auf der unzutreffenden Voraussetzung, Rahmenvereinbarung, Themenfelder und Fragestellungen seien unveränderliche, gewissermaßen in Stein gemeißelte Gebote. Dies beginnt bereits auf Seite 1 des Entwurfs, wenn gefordert wird, die Zielsetzungen der Rahmenvereinbarung von Stadt, Land und Universität „stets prioritär zu berücksichtigen“. Ziel des Masterplanverfahrens soll u.a sein, die Entwicklungsmöglichkeiten der Universität auch in Bezug auf weitere Flächen zu fördern, und wie es im Gutachten des Geographieprofessors Meusburger gefordert wird: Es muss in Zukunft auch im Neckarbogen und/oder Handschuhsheimer Feld Möglichkeiten einer Erweiterung geben.

Was mit der Einbeziehung „neu zu entwickelnder Flächen“ auch vorzusehen ist, wird in der Rahmenvereinbarung wie folgt beschrieben:
„Verlegung des Individualverkehrs von der Straße im Neuenheimer Feld auf den ausgebauten Klausenpfad und die fünfte Neckarquerung zwischen Wieblingen und dem Neuenheimer Feld.“ Als weitere äußere Erschließungen werden eine „Nordtangente“, besser bekannt als Autozubringer-Nord und „die Anbindung des Klärwerks an die Autobahn“ genannt.

Angesichts der beschriebenen Vorhaben fordern wir:
Das Handschuhsheimer Feld muss in seinem jetzigen Umfang uneingeschränkt erhalten bleiben. Weitere Verluste von wertvollem Gartenland durch Gebietsansprüche der Universität oder die Zerstörung des Feldes durch Straßenbau darf es nicht geben. Für die Weiterentwicklung der Universität kann das Handschuhsheimer Feld nicht genutzt werden. Es ist ein Privileg, dass in unmittelbarer Stadtnähe frisches Gemüse, Obst, Kräuter, Salate, Beeren und Zierpflanzen in großer Vielfalt für die Bevölkerung angebaut werden.

Der Wechsel von Erwerbsanbau, Kleingärten und alten Baumbeständen bietet Rückzugsmöglichkeiten für Tiere, Pflanzen und Insekten, und erhält die biologische Vielfalt. Das offene Feld lässt Kaltluft entstehen und sorgt für Luftaustausch in Handschuhsheim, Neuenheim und Wieblingen. Das Feld ist ein Ort des Kontaktes und der Kommunikation. Hier können die Heidelberger walken, joggen, Kinderwagen schieben, Roller und Inliner fahren oder beim Gehen für ihre Prüfung lernen. Zahllose Radfahrer benutzen die Feldwege. Viele suchen im Feld Erholung und machen Erfahrungen in der Natur.

Der Wert des Handschuhsheimer Feldes und der Menschen, die hier arbeiten, wird in den Fragestellungen des Entwurfes nicht entsprechend gewürdigt.

Zum Schluss ein Zitat des im Jahr 2006 im Alter von 90 Jahren verstorbenen Pfarrers Friedrich Wernz. Seine Sorge um die Zukunft des Handschuhsheimer Feldes prägte wie ein Leitfaden die letzten 30 Jahre seines Schaffens. So schrieb er 1978:
„Entscheidend ist nicht, was können wir noch verplanen und verbauen, sondern was muss unbedingt bewahrt werden, damit auch unsere Nachkommen hier leben können.“