Erste Einschätzung der Bürgerbeteiligung zur Aufgabenstellung

Ein Kommentar von Inge Winkler-Hansen – 1.7.2018

Mit großem Aufwand wurde bislang die Bürgerbeteiligung beim Masterplanverfahren zum Neuenheimer Feld / Neckarbogen betrieben. Hunderte von Bürgern haben sich mit viel Zeit und Herzblut eingebracht. Sie haben 1184 Ergänzungen zur Aufgabenstellung eingebracht, akribisch dokumentiert von den Projektverantwortlichen.

Doch davon wurden lediglich 4 neue Fragen in die Aufgabenstellung übernommen und wenige Sätze wurden angepasst.

Wie kann das sein?

Fast alle Anregungen der Bürger wurden einfach in die Kategorie „Die im Beteiligungsbeitrag aufgeworfene Fragestellung und Hinweise an die Planungsteams sind bereits im Entwurf der Aufgabenstellung enthalten.“ einsortiert.

Schaut man sich Beispiele an, stellt man fest, dass meist irgendwelche bestehenden Fragen zugeordnet wurden, die nur bedingt oder gar nichts mit dem Bürgerbeitrag zu tun haben.

Beispiel: neue Bürgerfrage „Wie kann die Lebensqualität aller Heidelbergerinnen und Heidelberger, besonders in den angrenzenden betroffenen Stadtteilen, erhalten und verbessert werden?“

Diese Frage ist angeblich in den folgenden enthalten:
1.4 Wie kann das Planungsgebiet Im Neuenheimer Feld / Neckarbogen als eigenständiger und lebendiger Campus mit den umliegenden Stadtteilen und dem angrenzenden Landschaftsraum, auch den gartenbaulichen Produktionsflächen im Handschuhsheimer Feld, vernetzt und in die Gesamtstadt eingebunden werden? 3.21 Wie kann der Belüftung des Campus und angrenzender Stadtteile künftig Sorge getragen werden? 3.8 Welche Frischluftschneisen und Retentionsflächen müssen entwickelt und gesichert werden? 3.18 Welchen Beitrag können die Freiräume zum Klima- und Umweltschutz leisten?

Ich würde sagen, NEIN, Lebensqualität umfasst viel mehr! Es geht auch um Lärm- und Schadstoffreduzierung, um den Erhalt von Naturschutzgebieten, ökologisch wertvollen Flächen und Erholungsflächen in den angrenzenden Stadtteilen. Die Uni soll sich auf dem Campus entwickeln können, aber das kann nicht zu Lasten der angrenzenden Stadtteile gehen!

Beliebt ist auch, bei Ergänzungswünschen/Änderungswünschen zu bestehenden Fragen einfach auf die Frage zurückzuverweisen, die eine Bürgerin oder ein Bürger nicht für ausreichend hielt.

Viele Beiträge sprechen sich für eine Verkehrswende aus, wie übrigens auch jüngst der Deutsche Städtetag, dem auch Heidelberg angehört. Beispielhaft zitiere ich hier aus einem Beitrag:“ Eine moderne Stadt muss Individualverkehr weitestgehend vermeiden. Die dadurch verursachten Emissionen und der Verbrauch an Fläche (Fahr- und Parkflächen) belasten nicht nur unsere Umwelt. Es führt auch zu ungleicher Verteilung dieser wertvollen Ressourcen (Luft und Fläche) zugunsten weniger. Dazu müssen attraktive Alternativen geschaffen werden. ÖPNV, Mietfahrräder, Carsharing und Fahrgemeinschaften sind gute Lösungsansätze, die durch Steuerungselemente der Politik noch massiv gestärkt werden müssen.“
Wer nun hofft, dass dieser Aspekt in den Aufgabenkatalog für die Planer aufgenommen wurde, der wird herb enttäuscht. Auch hier wird jeweils behauptet, die Idee sei schon enthalten. NEIN, ist sie nicht. Dort heißt es weiterhin „Wie kann der Standort optimal für alle Verkehrsteilnehmer erschlossen werden?“

Mein Fazit: Die Ideen der Bürger sind nicht erwünscht! Wann wird hieraus endlich eine echte Bürgerbeteiligung?